›Wer die Menschen lehren könnte, zu sterben,
der würde sie lehren, zu leben.‹
(Michel de Montaigne)
… am Anfang war das Wort, und das Wort hieß ›sterben‹, und die Ergänzung ›müssen‹ beschwor seine Unausweichlichkeit, und das Wort hallte in uns wider, und das Wort erschreckte. Am Anfang war der Wunsch von all dem niemals zu wissen.
Und das Wort wurde Kunst, und mit dieser Unruhestifterin verwandelte es sich in Geschichten, und in den Geschichten wuchsen Bildwelten, und wir hörten und lasen sie, und sie wandelten auch uns im Wahrnehmen und Erleben.
Und am Ende ist noch immer das Wort, und das Wort heißt weiterhin ›sterben‹, und die Ergänzung ›müssen‹ beschwört nach wie vor seinen unausweichlichen Charakter, doch die Erzählwelten spiegeln das Leben in allen Facetten, sie spiegeln auch den Tod – und geben uns Kraft der Sprache und ihrer Verwandlungskunst den Kehraus, und wir feiern: das Leben …
Mona will dem Gegeneinander in der Stadt entfliehen und zieht in ein Dorf an der Landesgrenze, wo sie sich ein sozialeres Miteinander erhofft. Doch der Schein trügt stets. Fortan pendelt sie zwischen beiden Lebenswelten und muss feststellen, dass diese sich im Innersten ähneln: Die allgemeine Stimmung, dominiert durch aktuelle gesellschaftliche und politische Ereignisse und Entwicklungen, ist von Unsicherheit und Ängsten geprägt, die einen radikalen Egozentrismus und rechte Tendenzen hervorrufen. Das Dorf entpuppt sich als ebensolche Hölle wie die Stadt – nur die Couleur ist eine andere. Der vermeintlich erstarkte Gemeinschaftssinn im ruralen Raum lässt Sozialkontrolle in manipulative Übergriffigkeit kippen: Als Mona sich für die im Dorf aufgenommenen Flüchtlinge engagiert, erfährt sie Missgunst und Ausgrenzung am eigenen Leib. Und als wäre das nicht genug, folgt ihr die eigene Vergangenheit wie ein Schatten auf Schritt und Tritt und greift in ihr gegenwärtiges Leben ein. Sie fühlt sich fremdbestimmt, der eigenen Identität beraubt und findet sich plötzlich isoliert am Rande der Gesellschaft.
Derweil spitzen sich die Vorkommnisse im Dorf dramatisch zu, und zum Martiniloben, dem Fest des Jahres, dem großen ländlichen Sauf- und Fressgelage, eskaliert die Situation: Ein Verbrechen wird zum Auslöser für eine Kette an Gewaltakten.
Das sich bedroht fühlende Kollektiv holt zum Befreiungsschlag aus, um sich aller Irritationen ein für alle Mal zu entledigen – denn hier am Ende der Welt hat alles seine eigenen Gesetze. Und Mona ist gefordert, ihr Leben zu retten …
(Septime Verlag)
»UNZEIT«
(Erzählungen)
Szenen, die „Federico Fellini gefallen hätte[n].“
(Linda Stift, Die Presse)
In ihrem neuen Werk legt Marlen Schachinger Erzählungen vor, die von dichter Bilderflut und auffallender Genauigkeit der Sprache durchdrungen sind. Anhand verschiedener Einzelfiguren greift die Autorin wesentliche Themen des 20. und 21. Jahrhunderts auf: Politische Systeme, begrenztes – grenzenloses Europa, Kapitalismus, Neoliberalismus, Sozialismus, die menschliche Gier, der gewollte Rückzug in künstliche Idyllen…
Marlen Schachingers Figurenrepertoir beginnt bei Theresia, die auf das Sterben wartet: Es ginge doch nicht an, dass der Tod sie vergäße! En passant wird der Bogen von Zwangsarbeitern bis zum Eisernen Vorhang und dessen Entfernung gezogen. Eine Erzählung folgt einer exzellenten, jüdischen Physikerin namens Marietta, deren Arbeiten konfisziert werden, und die auch danach, an ihrem Fluchtort, einer Gesellschaft mehr sein will, als nur a useless burden; lesend folgt man einer HR-Managerin in den Feierabend, nach einem ganz normalen Arbeitstag, bei dem es einzig darum ging, die Produktion zu erhöhen, das Menschenmaterial auszubeuten oder in die Arbeitslosigkeit zu kicken… Bis man Lou und Anna begegnet, zwei Linzer Kellnerinnen, die auf jeweils unterschiedliche Art und Weise versuchen, mit den politischen Umständen des Jetzt fertigzuwerden.
Marlen Schachingers Erzählungen bilden Zeit ab, stellen die Verhältnisse der Welt dar, welche Realitäten einzelner widerspiegeln. Manchmal zynisch, oft ironisch, sind sie real, ein Abbild der Gegenwart, schlicht: am Puls der Zeit. Die eine Unzeit ist.
(Otto Müller Verlag)
»Albors Asche«
(Roman)
Valerian hat sein Zimmer seit 21 Jahren, drei Monaten und sechs Tagen nicht verlassen. Vom Fenster aus beobachtet er, was in Albor vor sich geht, notiert alles akribisch in seiner Chronik. Eines Morgens taucht eine Fremde auf und zieht in die leerstehende Kirche neben Valerian ein. Sie trägt ein auffallend gemustertes Kleid, ihr Haar ist rot und bodenlang. Albors Männer beginnen die Kirche zu belagern, um einen Blick auf die Fremde zu erhaschen. Albors Frauen, denen die erkalteten Ehebetten zu schaffen machen, intrigieren und streuen Gerüchte. In Albor wird Andersartigkeit nicht hoch geschätzt, diese Erfahrung macht Pastora spätestens, als die Schere des Friseurs ihr vor aller Augen das Haar nimmt und das ›Komitee zur Aufrechterhaltung der Tugend und Ehrbarkeit‹ sich in ihr Leben mischt. In Albor wird auch nicht gemordet, selbst wenn Pastora eines Morgens über eine Leiche stolpert und weitere Tote sich bis zum Fluss hin sammeln. Valerian weiß um die Geschehnisse der Vergangenheit – die Schuld der einen und das Schweigen der anderen. Mit zunehmender Sorge um die Fremde beobachtet er die Veränderungen in Albor, die mit ihrer Ankunft beginnen und ihren Lauf nehmen, unaufhaltsam, denn alles ist in Fluss und man steigt keinesfalls zweimal in den gleichen...
(Otto Müller Verlag)
»denn ihre Werke folgen ihnen nach«
(Roman)
"Schachingers Stil [ist] von einer gerade für diese Geschichte dienlichen Schnörkellosigkeit und Eindringlichkeit, mit ein paar weiteren geistreichen literaturhistorischen Bezügen und ironischen Einsprengseln." (Alexander Peer, Literaturhaus Wien)
Klug geflunkert, ist halb gewonnen – so lautet der Lebensgrundsatz Mario Kamovs, dessen Karriere als Bestsellerautor auf einem Diebstahl basiert: Die bei einem Verlagseinbruch entwendeten Manuskripte bearbeitete und publizierte er – mit beachtlichem Erfolg – als eigene Werke. Jahrzehnte später wird ihm seine Irreführung zum Verhängnis. Um aller Welt zu beweisen, dass er ein angesehener Schriftsteller ist, trotzdem man ihn immer der Unterhaltungsliteratur zurechnete, nimmt er einen Lehrauftrag für Poetik an einer Universität an. Unter seinen Studierenden befindet sich auch Luca, Sohn einer der vom ihm bestohlenen Autoren. Bestrebt Luca zu kontrollieren, wird Mario Kamov sein Mentor. Er beginnt eine Beziehung mit Lucas Mutter, schnüffelt in der Wohnung des jungen Mannes und analysiert dessen Werke, um herauszufinden, ob und welche Gefahr ihm drohe. Lucas Mentor zu sein, das stellt sich bald als keine leichte Aufgabe heraus, denn der Jungautor entpuppt sich als enfant terrible, erscheint zu Lesungen in Frauenkleidern, Kunstleder-Outfits oder Thomas-Bernhard-Hosen.
Das Katz-und-Maus-Spiel wird in diesem originell konstruierten und spannenden Roman letztlich zu einem Konkurrenzkampf, den nur einer von beiden überleben kann. Allzu gern würde Mario seinen Mentee ins Jenseits befördern, was er nicht wagt, denn sein ist das Wort, aber nicht die Tat.
(Otto Müller Verlag)
Autorinnen feiern Autorinnen
Betty Paoli gilt nicht nur als bedeutendste österreichische Lyrikerin des 19.Jahrhunderts, sondern auch als erste Journalistin hierzulande. Adalbert Stifter sagte über die Kollegin: »Das Weib ist durch und durch Genie [ ... ]«. Ihr genauer Blick sowie ihre scharfe Zunge waren gefürchtet, ihre kritischen Analysen hatten Einfluss.
Zum zweihundertsten Geburtstag dieser Kollegin wurde Marlen Schachinger beauftragt eine Festrede zu halten. Vom Schreiben aus Leidenschaft und Notwendigkeit ist die Rede; von einem selbstbestimmten Leben mit einem Zimmer für sich allein und den Gefahren einer biographisierten Lektüre des Werks der Kollegin. Und nicht zuletzt: Von Talenten, welche LiteratInnen heute nicht minder nötig haben, sei es Sprachbewusstsein oder die Fähigkeit Netzwerke aufzubauen.
Die Frage nach Betty Paolis Bedeutsamkeit wechselt im Subtext in den Blick über die Schulter: Wie lesen AutorInnen? Wie begegnen sie dem Werk einer verstorbenen Kollegin? Ein spielerischer Austausch nicht nur über die Literaturszene und das Literarische Feld ist die Folge.
(Mandelbaum Verlag)
Eine Biographie
Hertha Firnberg hat das Österreich der Nachkriegszeit mitgeprägt. Zum 100. Geburtstag erscheint ihre Biographie im September 2009.
Als Vorsitzende des Bundesfrauenkomitees und erste sozialistische Ministerin wählte sie sich ihr Ressort selbstbewusst: Keines, dem man das Schildchen typisch-weiblich umhängen konnte, sollte es sein, sondern Wissenschaft und Forschung, diesem Ministerium wollte sie vorstehen. Durch ihre bildungspolitischen Ansätze hat Hertha Firnberg die Universitäten nachhaltig geprägt, durch ihre frauenpolitischen Ansichten ihre Zeit mitbestimmt.
Wer sich mit Hertha Firnbergs Leben vor 1970 befasst, findet sich bald in einem Geflecht aus Gerüchten, Vermutungen und Halbwahrheiten wieder. Dieses Dickicht zu entwirren wird einerseits durch mangelnde Aktenlage aufgrund zweier Weltkriege, andererseits durch Hertha Firnbergs - auch innerfamiliäre - Verschwiegenheit über viele Teilbereiche ihres Lebens erschwert.
Diese Biographie gründet sich auf Dokumenten ebenso wie auf persönlichen Berichten. Marlen Schachinger zeichnet ein detailliertes Bild dieser Politikerin, folgt ihren Spuren und den Erinnerungen ihrer ZeitgenossInnen und MitkämpferInnen. »Was wir in der nächsten Zeit machen müssen, das ist keine Politik der kleinen Schritte und der kleinen Wünsche und der kleinen Kompromisse, sondern das ist der weite Horizont einer neuen Gesellschaftsordnung, in der Frauen die ihnen zukommende Rolle spielen müssen.« (Hertha Firnberg, Frauenkonferenz 1968)
Im Vorwort zur Biographie, verfasst von Bundespräsident Heinz Fischer, würdigt dieser Hertha Firnberg als »...selbstbewusste, kluge und energische Frau mit weitgespannten Interessen.« Und sagt weiters über sie: »Ich glaube, sie hat Schwierigkeiten geliebt und ihre Freude an schwierigen Aufgaben wurde nur übertroffen von der Begeisterung über gelungene Lösungen.«
(Mandelbaum Verlag)
»¡Leben!«
(Faction-Roman)
Lea, eine Migrantin aus Sarajevo, kann kein Grau mehr sehen. Die junge Dokumentarfilmerin droht, sich in ihren Recherchen zu verlieren: Monate verbrachte sie mit den Gräueltaten des Naziregimes, über alten Photos, Dokumenten und in ehemaligen Konzentrationslagern. Wäre da nicht ihre Freundin Marie, eine abenteuerlustige alte Dame, würde Lea im Grau versinken.
Marie lebt mit einer ungewohnten Intensität, jeder Tag, sagt sie, könne ihr letzter sein, und sie wolle sich keinesfalls vorwerfen, diese Stunden nicht bis zur Neige gekostet zu haben: Gerade weil sie das Lagerbordell überlebte, weil ihr homosexueller Mann im KZ starb, sein Partner den Freitod wählte, Maries Lebensgefährtin eine Scheinehe mit einem Nazi eingehen musste. Es ist Marie, die Lea einen Weg weist, nicht nur durch ihr Arbeitsprojekt, sondern vor allem ins Leben, denn trotz so mancher Differenzen haben sie eines gemeinsam: Sie lieben Frauen.
Ein Faction-Roman über Homosexualität während der NS-Zeit und das Totschweigen der Geschehnisse.
(Leykam Verlag)
»Wien.Stadt der Frauen«
(Eine Reiseführerin)
Wien ist eine Stadt der Frauen; überall in der Donaumetropole begegnen sie einem: Sie umrahmen Portale, zieren Hausfassaden, verkörpern Weisheit und Freiheit, benennen Straßenzüge, Plätze und Kirchen oder werden auch hie und da auf Denkmälern verewigt. Frauen wurden geboren-von und wohnten-in, waren tätig-bei oder flohen-vor, sie gründeten Vereine und Initiativen, kämpften um ihre Rechte in Beruf und Politik und verwirklichten sich in Kunst und Medien.
So prägen längst Verstorbene bis heute unsere Welt. Von den Spuren, die sie hinterlassen, soll hier erzählt werden, indem über den bekannten - weitgehend männlichen - Stadtplan Wiens ein weiterer - weiblicher - gelegt wird, ein Teppich, gewoben aus Erinnerungen und Geschichten, Bildern und Dokumenten. Derart spannt die Autorin ein Frauennetz durch die Straßen und entdeckt ein Stadtbild, dessen Geschichte eine weibliche ist.
Die Reiseführerin erzählt von berühmten und weniger berühmten Frauen: Käthe Leichter, Anna Freud, Fanny von Arnstein, Maria Biljan-Bilger, Tina Blau, Mme d'Ora, Marianne Hainisch, Rosa Jochmann, Stella Kadmon, Lina Loos, Martha Luithlen, Auguste Fickert und Ida Baumann, Marie Christine, Rosa Mayreder, Lise Meitner, Margarete Minor, Elise und Helene Richter, Olly Schwarz, Eugenie Schwarzwald, Olga Wisinger-Florian, Maria Theresia und vielen anderen mehr.
Marlen Schachinger porträtiert sie alle mit Augenzwinkern, versetzt biographische Daten mit Literaturzitaten oder Textdokumenten aus Zeitschriften und mit Auszügen aus Briefwechsel, viele davon bislang unveröffentlicht. Neben einer anregenden Lektüre lädt "Wien. Stadt der Frauen" auch zum Mit- und Selbst-Entdecken ein.
Nach einer allgemeinen Einführung folgen 23 exemplarische Bezirksdarstellungen, auf deren Übersichtskarten die Frauen-Orte optisch herausgehoben werden. Ein anschließender Rundgang durch den ersten Bezirk zeichnet mit über 90 Frauenportraits das Bild eines weiblichen Wien. Im Nachwort wird zuletzt noch auf die administrativen Bedingungen zur Anbringung von Würdigungstafeln eingegangen, denn selbst das Gedenken wird frau nicht leicht gemacht.
(Promedia Verlag)
»Werdegang«
(Vergleichende Literaturwissenschaft)
geht der Frage nach, inwiefern sich die berufliche Etablierung von Literat/innen im Laufe der vergangenen einhundert Jahre verändert hat. Durch Schreibstudiengänge an verschiedenen Instituten im deutschsprachigen Raum wurde der autodidaktische Weg auch hierzulande in Frage gestellt. Ist er nach wie vor dennoch nicht nur denkbar, sondern realistisch und wie sah bzw. sieht er aus? Wie gestaltet sich die Lehre an verschiedenen Instituten, die Schreibstudien- oder Lehrgänge anbieten, und wie veränderte sie sich? Prägte die Etablierung von Schreibstudiengängen die literarische Szene im deutschsprachigen Raum mit oder sind andere Mechanismen – wie z.B. das Aufkommen des E-Books – relevantere Entwicklungen? Auf Basis zahlreicher Interviews und Fragebögen wurde versucht, in einem Feld, in dem es bislang keine vergleichende Analyse gab, Material zu generieren, um Fragestellungen in diesem Bereich der Literaturwissenschaft zu ermöglichen. Die Ausgangsthese, die Frage nach einer Analogie der Lernprozesse von Autodidakt/innen und Studierenden, konnte weitestgehend bestätigt werden. Hinsichtlich der Etablierung von Netzwerken sowie der Bekanntheit im literarischen Feld differieren jedoch Effizienz und Möglichkeiten.
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