Manchmal sind Übersetzungstitel treffender als ihr Original. »Eifersucht«, dieser kleine feine Roman Colettes, ist ein Paradebeispiel dafür. Der französische Titel »La Chatte«, die Katze, würde auf Deutsch über das Tier hinausgehende Assoziationen nach sich ziehen und auch klanglich im besten Fall einen kratzenden Sprung spiegeln. Eine spätere Ausgabe der gleichen Übersetzung, die 2018 im Verlag »Ebersbach & Simon« erschien, tituliert sich hingegen wieder »Die Katze«.
Jede*er hat wohl seine oder ihre literarischen Vorlieben. Für mich sind Gertrude Steins »Tender Buttons«, die so gerne mit den Worten ›unmöglich, gelesen zu werden‹ verteufelt werden, solch ein Schatz, und ich finde, »Frühstück« sollte man sich zur Sonntagsgewohnheit machen!
Social Media Foren können einen derart ärgern, dass ich mehr als einmal bereits überlegte, ihnen den Rücken zu kehren. (Wer wohl nicht?) Weder habe ich Lust auf weitere maskuline Inszenierungen als Onan noch möchte ich Spielball für Algorithmen-Reflexionen sein oder mit Werbeanzeigen zum Suchverlauf bombardiert werden – weil ich dies oder das eben für die Gestaltung einer Figur recherchierte. Sie können aber auch ein Nachdenken anstoßen, manchmal sogar aus dem Ärger, den sie zuvor initiierten:
Von manchen Werken erwarten man sich wenig oder nichts; und manchmal tut sich in ihnen eine Tür auf und man entdeckt Räume, in denen man für einige Abende Platz nimmt, weil einem darin so behaglich zumute ist oder man sich schlicht willkommen fühlt. Solch ein (durchaus erstaunlicher) Glücksfall ist Fodorovás Erzählen vom Abschied-Nehmen von ihrer Mutter!
Dass ich Leonardo Paduras Erzähluniversen sehr gerne mag, dürfte wohl kaum mehr ein Geheimnis sein. Weniger seine Kriminalromane, die zwar gut unterhalten, aber kaum herausfordern, sondern vor allem seine einfühlsamen und kritischen Gesellschaftsporträts mit ihrer ausgezeichneten Figurengestaltung. Umso größer die Freude auf ein neues Leseabenteuer durch die Neuerscheinung »Wie Staub im Wind«, die mich jedoch nicht gänzlich überzeugte.
Die kanadisch-französische Autorin Nancy Huston baut ihre Werke gerne um ein Geheimnis auf, umkreist dieses in Andeutung, bis es seinen Weg Schwarz auf Weiß auf die Buchseite findet. Im Zusammenspiel mit der manchmal auch durchaus herausfordernden Mehrschichtigkeit ihrer Inhalte bewirkt dies einen gelungenen Spannungsbogen.
Ich entschloss mich, diesem Autor, den ich als ›konventionell, eher uninteressant‹ im Gedächtnis abgespeichert hatte, eine Chance zu geben. Keine Ahnung, woher sich dieses Urteil in meinem Bewusstsein gebildet hatte, an eine Romanlektüre kann ich mich nämlich nicht erinnern, wenn, dann müsste sie wohl in Jugendtagen geschehen sein, als ich mich die Leihbibliothek rauf und runter las.
Literatur & Politik · 04. November 2022
Eine biografische Darstellung des italienischen Exils der Familie Benjamin, das all jene interessieren wird, die sich für Geschichte, die 1930er-Jahre in Italien, Exilforschung und/oder HerStory begeistern, verfasst von Eva Weissweiler, mit gewohnt gewissenhafter Recherche und auf Basis ihrer umfassenden Kenntnisse über die Familie Benjamin.
Lou Andreas-Salomés wohl berühmteste Erzählung »Ruth«, die auch heute noch berührt; trotz des etwas pathetischen Gestaltungsatems an den emotionalsten Stellen. Die Auseinandersetzung mit diesem Werk des endenden 19. Jahrhunderts lohnt sich auf jeden Fall, zudem es auch Einblicke in eine literarische sowie gesellschaftliche Entwicklung bietet.
Höchste Zeit für eine Renaissance: Man lese Anaïs Nins Erzählungen und vergesse alles, was man da oder dort über sie hörte. Es tut not, sich ohne vorgefasste Bilder, Urteile und Ansprüche außerhalb der Erzählwelt in diese Prosa zu vertiefen; um ihrer selbst willen.