Klassiker der Weltliteratur
Das Schreiben über Kunst ist für Literat*innen essenziell – die eigene Arbeit reflektieren, sie einbetten in die Kunst der Vergangenheit und der Gegenwart. Es sind die dadurch entstehenden Einblicke, die solche Werke interessant machen. Die »Autobiografie von Alice B. Toklas« sticht dennoch hervor, nicht nur, weil sie verstärkt die bildende Kunst aus Sicht einer Literatin spiegelt, sondern auch weil sie die humorvollste und eine der ermutigendsten Auseinandersetzung ist, die ich kenne.
Manchmal sind Übersetzungstitel treffender als ihr Original. »Eifersucht«, dieser kleine feine Roman Colettes, ist ein Paradebeispiel dafür. Der französische Titel »La Chatte«, die Katze, würde auf Deutsch über das Tier hinausgehende Assoziationen nach sich ziehen und auch klanglich im besten Fall einen kratzenden Sprung spiegeln. Eine spätere Ausgabe der gleichen Übersetzung, die 2018 im Verlag »Ebersbach & Simon« erschien, tituliert sich hingegen wieder »Die Katze«.
Jede*er hat wohl seine oder ihre literarischen Vorlieben. Für mich sind Gertrude Steins »Tender Buttons«, die so gerne mit den Worten ›unmöglich, gelesen zu werden‹ verteufelt werden, solch ein Schatz, und ich finde, »Frühstück« sollte man sich zur Sonntagsgewohnheit machen!
Social Media Foren können einen derart ärgern, dass ich mehr als einmal bereits überlegte, ihnen den Rücken zu kehren. (Wer wohl nicht?) Weder habe ich Lust auf weitere maskuline Inszenierungen als Onan noch möchte ich Spielball für Algorithmen-Reflexionen sein oder mit Werbeanzeigen zum Suchverlauf bombardiert werden – weil ich dies oder das eben für die Gestaltung einer Figur recherchierte. Sie können aber auch ein Nachdenken anstoßen, manchmal sogar aus dem Ärger, den sie zuvor initiierten:
Ich entschloss mich, diesem Autor, den ich als ›konventionell, eher uninteressant‹ im Gedächtnis abgespeichert hatte, eine Chance zu geben. Keine Ahnung, woher sich dieses Urteil in meinem Bewusstsein gebildet hatte, an eine Romanlektüre kann ich mich nämlich nicht erinnern, wenn, dann müsste sie wohl in Jugendtagen geschehen sein, als ich mich die Leihbibliothek rauf und runter las.
Lou Andreas-Salomés wohl berühmteste Erzählung »Ruth«, die auch heute noch berührt; trotz des etwas pathetischen Gestaltungsatems an den emotionalsten Stellen. Die Auseinandersetzung mit diesem Werk des endenden 19. Jahrhunderts lohnt sich auf jeden Fall, zudem es auch Einblicke in eine literarische sowie gesellschaftliche Entwicklung bietet.
Höchste Zeit für eine Renaissance: Man lese Anaïs Nins Erzählungen und vergesse alles, was man da oder dort über sie hörte. Es tut not, sich ohne vorgefasste Bilder, Urteile und Ansprüche außerhalb der Erzählwelt in diese Prosa zu vertiefen; um ihrer selbst willen.
Nichts hat dieser kluge Essay Virginia Woolfs an Relevanz eingebüßt, weder hinsichtlicher der brennenden Frage, wie Krieg zu verhindern sei, noch im Hinblick auf die Bildungsmisere, den Existenzkampf, den Überlebenskampf in der Arbeitswelt, der oft genug dazu führt, dass sich der Verstand zu verkaufen hat: Was schlimmer sei als einen Körper zu verkaufen, so Woolf!
1903 schrieb Gertrude Stein einen ersten Roman, angelehnt an Ereignisse in ihrem Leben, die sie nachhaltig beschäftigten. Statt ihn jedoch zu publizieren, ›vergaß‹ sie ihn. Die Geschichte eines Romans und seines Plots, der dennoch Kreise zog.
Mit Sicherheit ist Leo Perutz’ »Zwischen neun und neun« (1918 erstmals erschienen) ein Roman, dessen konstante Spannung aus der gewählten Struktur entsteht. Diese erzeugt einen Sog, dem man sich kaum entziehen kann; und auch nicht will.